Blick von oben auf einen Strecken- und Brückenneubau © Deutsche Bahn AG © Frank Klein Vössing
Wissenszug

Schneller ans Ziel durch Zeitlupentempo

Strecken reparieren und modernisieren gehört bei der Bahn dazu. Es gibt viele Baustellen in ganz Deutschland. Und da der Verkehr nicht jedes Mal gesperrt werden kann, denken sich die Ingenieurinnen und Ingenieure einiges aus. Dann werden zum Beispiel schon mal hausgroße Betonkästen versetzt - wie erst vor wenigen Monaten in Nordrhein-Westfalen.

Noch liegen die beiden Kästen aus Beton und Stahl wie riesenhafte Bauklötze neben den Gleisen. Jeder 13 Meter breit und neun Meter hoch. Um sie herzustellen, waren rund 9.400 Tonnen Material nötig, locker das 14-fache Gewicht eines ICE-Zuges. Beeindruckt? Dann warte mal ab, es kommt noch besser: So unwahrscheinlich es ist, gleich werden die Kolosse sich in Bewegung setzen. Aber Moment … was ist das hier überhaupt – und wo sind wir?

Baufahrzeuge bei Erdarbeiten an einer neuen Brücke
© Deutsche Bahn AG © DB Netz

Zwischen Troisdorf und Bonn, zwei Städten im Bundesland Nordrhein-Westfalen, baut die Deutsche Bahn schon seit Jahren an der Zukunft: Statt zwei sollen bald vier Gleise dafür sorgen, dass hier künftig mehr und häufiger S-Bahnen und auch Fernzüge fahren können. In der Gegend leben sehr viele Menschen, die sehr viel unterwegs sind. Mit dem Ausbau sollen mehr von ihnen auf die Schiene umsteigen und das Auto stehen lassen: ein wichtiger Beitrag für den Klimaschutz.

Doch bis es so weit ist, wird noch etwas Zeit vergehen. Denn aus zwei Gleisen vier machen? Klingt einfach. Ist aber kompliziert. Vor allem eben in einer dicht besiedelten Gegend. Wo wir uns gerade befinden, führt die Strecke zum Beispiel direkt unter einer Autobahn hindurch. Um hier Platz für mehr Gleise zu schaffen, muss also, vereinfacht gesagt, erst einmal die Straßenbrücke verlängert werden. Und damit sind wir wieder bei den beiden Betonriesen: Aus ihnen wird die neue Brücke entstehen. Damit man die Autobahn nicht über Monate sperren muss, wurden die Teile direkt daneben Stück für Stück zusammengesetzt. Erst jetzt, wo sie fertig sind, pausiert der Autoverkehr. Aber nur für ein paar Wochen. Kaum war die Strecke gesperrt, wurde ein Stück der alten Autobahnbrücke herausgeschnitten und das Erdreich darunter weggebuddelt. 28.000 Kubikmeter mussten abtransportiert werden. Das entspricht ungefähr 1.200 vollbeladenen Lastwagen.

Ein Arbeiter zeigt auf Markierungen für Brückenteile
© Deutsche Bahn AG © DB Netz

Jetzt ist die Bahn frei – und der vielleicht spannendste Moment steht bevor: Die beiden Brückenteile sollen in die neu geschaffene Lücke geschoben werden. Dass so etwas überhaupt geht, machen sogenannte Verschubbahnen möglich: Mit besonderen Pressen werden die Betonriesen einige Zentimeter in die Höhe gehoben und dann mithilfe von Druckzylindern Stück für Stück verschoben. Das Ganze geht, klar, im Zeitlupentempo vor sich: Rund einen Meter in der Minute bewegen sich die Teile auf den knapp 200 Meter langen Bahnen. Gebannt stehen die Baustellenleute daneben. Manch einer hält die Luft an: Wird das wirklich gutgehen?

Blick von oben auf eine Autobahn und Bahntunnelarbeiten
© Deutsche Bahn AG © Frank Klein Vössing

Beim ersten Teil läuft alles wie am Schnürchen. Dann startet der zweite – und bleibt plötzlich stehen. Was ist da los? Ein kurzer Check ergibt: Die Pressen sind in der Mittagssonne heiß gelaufen und brauchen eine Pause zum Abkühlen. Die Baustellenleute können nichts tun außer abzuwarten und zu schwitzen. Zum Glück kommt ein kurzer Regenguss zu Hilfe und sorgt für Kühlung. Der zweite Block setzt sich wieder in Bewegung und schließlich sind beide Teile an ihrer Endposition angelangt. Sogar auf den Millimeter genau. Puh, geschafft – erleichtertes Aufatmen bei allen.

Schon gewusst?

  1. An rund 1.000 kleinen und großen Baustellen arbeitet die Bahn am Tag in Deutschland. Infos zu den größeren Projekten davon findest du unter bauprojekte.deutschebahn.com.
  2. Zum Teil müssen alte Gleise, Brücken und sonstige Anlagen modernisiert werden. Immer geht es darum, das Schienennetz besser, schneller und sicherer zu machen.
  3. Leider führt das immer wieder dazu, dass Strecken gesperrt und Züge umgeleitet werden müssen. Damit die Reisenden möglichst wenig darunter leiden, wird einiges getan, um die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten. So wird beim Bau der Autobahnbrücke zwischen Bonn und Troisdorf zum Beispiel sogar rund um die Uhr gearbeitet.

Wenn du selber etwas bauen möchtest,können wir dir unsere ICE-Bastelvorlagen empfehlen.